Netzneutralität – oder wenn Lobbyisten von Technik keine Ahnung haben!

Vor allem über das Internet verbreiten viele Lobbyisten einmal mehr, relativ viel Unsinn, wenn es um das Thema „Netzneutralität“ geht. Deshalb möchte ich hier auch meinen Senf zu dem Thema abgeben, wobei ich nur über das Internet in Deutschland reden kann, insgesamt trifft das jedoch eigentlich zumindest für ganz Europa zu.

Der aktuelle Stand in Deutschland

Internet über Festnetztelefonleitungen (xDSL) oder über Antennen-Kabel sowie über Glasfaser ist in Deutschland die häufigste Breitband-Internet-Verbindung. In Ballungszentren und einigen Ländlichen Regionen werden Download-Bandbreiten von bis zu 200 Mbit angeboten. Die inzwischen häufigste maximale Bandbreite liegt bei 50 Mbit (VDSL). Einige Ländliche Regionen und auch einige Straßenzüge in Großstädten liegen deutlich darunter!

Wenn man jedoch denkt, dass die lieben Internetkunden immer die Maximale Bandbreite, die ihnen zur Verfügung steht auch kaufen, irrt man gewaltig. Eher scheint sich hier eine vielleicht schwäbische Ansatzweise durchgesetzt zu haben – Man kauft nur so viel Bandbreite, wie man glaubt zu brauchen, weshalb die wohl häufigste Internetbandbreite, die bei den Haushalten anliegt bei 6 Mbit Downstream pro Sekunde liegt. Das ist nicht wirklich viel, aber für Surfen im Internet und auch für die meisten Onlinespiele reicht es vollkommen aus. HD-Filme streamen wird da schon schwierig.

Das deutsche Sparproblem

Bei den vom Kunde gewünschten etwas dünnen Verbindungen kommen wir dann schon zum Problem mit der Netzneutralität zu der ich ein Beispiel aufführen will:

Sprache – also die ganz normale Telefonie findet inzwischen immer mehr, nicht mehr über ISDN oder gar Analoger Sprachübertragung statt, sondern über das sogenannte VoIP (Voice over IP). Beim Aufbau eines Gespräches kontaktiert das VoIP-Telefon den Server des eigenen Anbieters und teilt ihm mit, mit wem man telefonieren möchte – Dieser sucht dann heraus, hinter welcher IP-Adresse sich die Telefonnummer gerade verbirgt, teilt dem Empfängertelefon mit, dass da ein Gespräch ansteht, und wenn dieses mit „O.k. mein Anwender hat den Hörer abgenommen“ antwortet, teilt es dem heimischen Telefon mit, an welche IP-Adresse er jetzt die Gesprächsdaten schicken soll und von welcher er die Antworten bekommt – die weitere Kommunikation findet direkt von Telefon zu Telefon statt.

Jetzt kommen wir zum Problem! Gleichzeitig lädt der Anwender zum Beispiel Bilder in seinen Clowd-Speicher hoch oder er kopiert sie von seinem Clowd-Speicher runter auf einen USB-Stick, weil er sie ausdrucken möchte. Und nun greift in jeden in Deutschland vorhandenen Netz etwas, was es laut den Lobbyisten nicht geben darf! Der Heimische Router markiert die Daten die er für das Telefongespräch versendet mit einer Kennung – der Router im Verteilerkasten an der Straße (der DSLAM) erkennt – Uiii, da läuft ein Telefonat! Die Netzanbieter gehen nun her und stellen technisch fest – Telefongespräch ist wichtiger als Bilderdownload – also bevorzugen sie die Telefondaten, damit es zu so wenig wie möglichen Hopplern beim Telefongespräch kommt.

Und, da wir in Deutschland bei der Telefonsprachqualität und bei der Dauer eines Verbindungsaufbau seit ISDN nun mal extrem verwöhnt sind, haben die Netzanbieter darauf reagiert, und schicken die VoIP-Daten nicht wie allgemeine Internet-Daten auf dem ganz normalen Weg durch’s Internet, sondern sie haben extra für diese Daten direkte Verbindungen in die Netze der anderen Anbieter um den Weg abzukürzen und eine so gut wie mögliche Gesprächsqualität zu sichern, auch wenn – wie üblich – das Internet so gegen 20 Uhr an Belastungsgrenzen stößt.

Das wollen die Lobbyisten in Zukunft verboten haben!

Worum geht es den Lobbyisten

Schauen wir erst einmal, wer die Lobbyisten sind. In den Medien werden Netflix, Vimeo und Co. genannt – Netflix hat inzwischen zu bestimmten Internetanbietern direkte „Kollokationen“ – Macht also das, was sie angeblich verbieten wollen. Es werden die Landesmedienanstalten genannt. Die wurden gegründet, um zu überwachen, was die damals neuen Privaten Fernsehanstalten so senden dürfen, und was nicht (Nackte Männerhintern erst ab 20 Uhr – Opfer in einem Krimi aus deren Wunden Blut austritt erst ab 22 Uhr ….). Die Entscheider werden z.B. in Bayern von der „Katholischen Kirchlichen Frauenorganisation“, dem „Bund der Vertriebenen“, dem „Bauernverband“ usw. entsandt. Sie mögen die Kompetenz haben, zu entscheiden, was Fernsehsender senden dürfen und was nicht – aber sie sind mal definitiv was Technik angeht, die extrem falschesten Ansprechpartner. Und dann werden da die „StartUps“ genannt – StartUps ist ein megatoller Begriff – der sagt nichts anderes aus als: Ich habe eine Idee mit der ich ganz viel Geld verdienen will, und das mit möglichst geringem Aufwand. – Diejenigen, die unter diese Kategorie fallen (also ganz viel Geld ohne Aufwand verdienen wollen) verstecken sich häufig hinter Organisationen, die einen sehr positiv besetzten Namen haben. Ganz häufig kommt hier der „Bund für Umwelt und Naturschutz e.V.“ vor – der kümmert sich inzwischen um alles, so lange man Große Erfolgreiche Unternehmen damit angreifen kann – auch wenn es dem Gedanken von Umwelt- der Naturschutz dann am Ende restlos widerspricht. Aber auch die vielen Anderen Lobby-Verbände, die sich ganz gerne als „Die Guten“ verkaufen und – man bemerke – Grundsätzlich schreien, dass, wenn sie sich in ihrer Lobby-Arbeit nicht durchgesetzt haben, die ganz böse Lobby schuld wäre.

Konzentrieren wir uns auf die StartUps!

Natürlich ist es eine schöne Idee – Ich programmiere hier zuhause etwas, baue einen Internetserver dafür irgendwo auf der Welt auf – bezahle auch noch einen Gigabit-Anschluss ins Internet zum günstigsten Anbieter, der gerade da ist – und verlange von allen Netzbetreibern, dass sie mit ihrer – verdammt teuren – Infrastruktur dafür sorgen, dass ich richtig viel Geld verdienen kann.

Nehmen wir hier wieder das Beispiel Telefonie (das ist glaube ich für die meisten am Verständlichsten). Einen VoIP-Server zu bauen – das ist kein Problem – das einzige was da teuer und aufwändig ist, ist die Hardware der Server. Jetzt stelle ich ihn z.B. irgendwo in Afrika hin. Natürlich verlangt so ein „StartUp“, dass die Daten dann um die Halbe Welt geschickt werden, und von ganz neutral behandelt werden, damit er Geld verdienen kann. Dumm ist nur, dass die Netzbetreiber diesen Dienst schon können – und das, wir erinnern uns an die Kollokationen … – sie einen Heidenaufwand damit betreiben, ihn richtig gut zu können.

Wir können aber auch ein aktuelles Beispiel für etwas verwenden, was in Zukunft verboten werden soll. Viele von uns haben sehr schnell nach Einführung Windows 10 heruntergeladen. Das waren mal schnell schlappe 3 Gigabite Daten die da durchs Netz geschoben wurden. Microsoft war so böse und hat zu fast allen großen Internetanbietern in Europa Kapazitäten auf Glasfaserleitungen gebucht, um diese Daten auf so direktem Weg wie möglich zum Anwender zu bringen.

Das möchte ich zum Verständnis einmal schematisch darstellen (ACHTUNG! Nur Schematisch zur Verdeutlichung – Tatsächlich deutlich komplizierter – Netzbetreibernamen sind nur Beispiele)

Ungefährer normaler Weg, der eingehalten werden müsste, wenn die Lobby sich durchsetzt:

Microsoft Redmond USA – Netzknoten Redmond – Netzknoten AT&T Redmond – Netzknoten AT&T Seattle – Mehrere Netzknoten AT&T USA – Netzknoten AT&T Porltand – Überseekabel nach England – Netzknoten BT Liverpool – Netzknoten London BT – Netzknoten Frankfurt DeCIX – Netzknoten Vodafone Frankfurt – Netzknoten Vodafone München – Mein Anschluss

Das war so ungefähr der Weg den Microsoft für sehr viel Geld gekauft hat:

Serverfarm Redmond – Glasfaserleitung – Netzknoten Vodafone München – mein Anschluss

Was meint Ihr, warum der Download trotz Petabyte (Billiarden Bytes) von Daten, die an diesen Tagen zusätzlich durch’s Netz gingen, und obwohl die Server von Microsoft mal richtig weit weg sind, fast immer mit der maximalen Downloadrate eures Anschlusses funktioniert hat, und in der ganzen Zeit Youtube-Videos auch nicht langsamer bei euch ankamen als gewöhnlich? – Nur weil Microsoft und Vodafone (in meinem Beispiel) sehr viel Geld in die Hand genommen haben, dass es so funktioniert!

Was wäre die Folge, wenn sich diese Lobby durchsetzt?

Nun, wir haben gelernt, Inhaltsanbieter und Netzbetreiber optimieren die Infrastruktur ihrer Netze so, dass für den Endanwender das Maximum an Qualität herauskommt.

Wenn nun eine solche Optimierung nicht mehr stattfinden darf, bedeutet das, dass wenn mir Vodafone mein Fernsehprogramm Fehlerfrei auf meinen Fernseher zaubern will, es die Technische Kapazität des Netzes zwischen den Servern, die das Signal erzeugen (Dort, wo z.B. die großen Satelliten Schüsseln stehen, oder beim Sender direkt) so drastisch erweitern muss, dass es nie über 60 % Kapazitätsauslastung gelangt. Das würde bedeuten, die Netzbetreiber müssten ihre Kapazitäten (Die Leitungen, die Router ….) verzehnfachen! Zehn mal so viel Technik, der für meinen Anschluss notwendig ist, bedeutet am Ende auch Zehn mal so viel Kosten für den Internetanschluss.

Wer ist am Ende der Dumme?

Das ganze soll gemacht werden, damit die Freunde und Gönner der verschiedenen Lobby-Organisationen  – ich nehme hier wieder mein Lieblingsbeispiel (keine Tatsachenbehauptung, sondern lediglich ein Beispiel) den BUND e.V. – mit ganz wenig Kapital ganz viel Geld verdienen können.

Bezahlen wird es jeder von uns – weil sein Internetanschluss dann mal so etwas von gewaltig teuer wird, damit er das, was er jetzt in hervorragender Qualität erhält, auch in Zukunft in dieser Qualität erhalten kann! – Ein 6 Mbit-Internet-Anschluss zu hause wird da dann keine Telefongespräche mehr Rauschfrei vom Urlaubsort irgendwo nach Hause routen können!

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